Reise nach MaliAm 1. März machten sich zwei Mitglieder vom Freundeskreis SOLISA auf den Weg in das westafrikanische Land Mali, eines der ärmsten Länder der Welt. Annette Giesen und Jannica Wiesweg übernahmen die Aufgabe, mehrere Entwicklungshilfeprojekte einzuweihen, die die Nichtregierungsorganisation SOLISA in Mali auf den Weg gebracht und für die der SOLISA Freundeskreis e.V. in Deutschland Gelder und Sponsoren gewonnen hatte. Finanziell unterstützt wurden die Projekte auch vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungshilfe in Bonn. 

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Am 1. März machten sich zwei Mitglieder vom Freundeskreis SOLISA auf den Weg in das westafrikanische Land Mali, eines der ärmsten Länder der Welt. Annette Giesen und Jannica Wiesweg übernahmen die Aufgabe, mehrere Entwicklungshilfeprojekte einzuweihen, die die Nichtregierungsorganisation SOLISA in Mali auf den Weg gebracht und für die der SOLISA Freundeskreis e.V. in Deutschland Gelder und Sponsoren gewonnen hatte. Finanziell unterstützt wurden die Projekte auch vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklungshilfe in Bonn.

Im Vorfeld mussten wir abwägen, ob eine Reise angesichts der instabilen Lage möglich war, denn Mali, dreieinhalbfach so groß wie Deutschland, leidet seit einigen Jahren unter Unruhen insbesondere im Norden, wo sich unterschiedliche Interessengruppen gegenseitig bekämpfen. Die Tuareg, ein Nomadenvolk deren Stämme sich in drei Grenzregionen von Algerien, Niger und Mali bewegen fordern mehr Unabhängigkeit und eine strukturelle Verbesserung ihrer zugewiesenen Lebensorte. In Folge eines malischen Militiärputsches in 2012 haben sie sich teilweise radikalisiert und sich den Gruppierungen von Al Khaida Maghreb angeschlossen die wiederum mit jungen gewaltbereiten malisch-stämmigen Libyern, die in Folge des Sturzes vom libyschen Machthaber Ghaddafi in ihre Heimat zurückkehren mussten kooperierten. Sie alle verfolgten gemeinsam das Ziel einen unabhängigen Staat AZAWAD auszurufen. Unterstützt wurde diese Bewegung schnell vom IS der solche Bewegungen weltweit für eigene Interessen nutzt. Die verschiedenen Gruppierungen bilden aktuell keine gemeinsame Bewegung mehr. Dazu beigetragen hat ein UN Mandat mit dem Ziel die radikalen Islamisten zu vertreiben und die staatliche Integrität wieder herzustellen. Ein MINUSMA Mandat, ein Einsatz aus einem Zusammenschluss der afrikanischen Armee übernimmt inzwischen die Kontrolle und die Friedenssicherung im malischen Norden. Das UN Mandat ist in den MINUSMA Einsatz eingebettet und hat aktuell den Auftrag das malische Militär zu stärken und die Friedenssicherung zu flankieren. Insbesondere Frankreich und Deutschland senden seit 2013 Soldaten für diesen Einsatz in den Norden Malis. Der anfängliche Stabilisierungserfolg in Folge der Mandate ist aktuell wieder gefährdet. Der Norden Malis bleibt weiterhin ein Pulverfass unter dem besonders die Zivilbevölkerung zu leiden hat. In dessen Folge gibt es eine Teilreisewarnung des auswärtigen Amtes.
Wir entschlossen uns dennoch, die Reise zu machen da die aktuellen Entwicklungsprojekte von SOLISA nicht in der Krisenregion liegen.

MaliBamako1803024394800pxUntergebracht wurden Annette Giesen und Jannica Wiesweg im Haus von Bandiougou Niakaté, Geschäftsführer von SOLISA in Mali. Die gastfreundliche Unterbringung unter dem Schutz der Familie war typisch für malische Großfamilien in denen bis zu 30 Personen unter einem Dach leben. Familie Niakaté lebt in einem ganz durchschnittlichen Wohnviertel Bamakos. Den Schlafplatz bildet eine einfache Matratze auf dem Boden in einem Raum ohne Klimagerät. Bei 33 Grad Temperatur noch in der Nacht ist dies eine besondere Herausforderung für klimaverwöhnte Europäer. Zudem leben malische Familien auch in der Hauptstadt mit „lebender Nahrung“ wie Hühnern, Ziegen und Schafen zusammen. In dieser Folge gibt es auch vermehrt fliegende und herumkriechende „Haustiere,“ gegen die ein gutes Moskitonetz und der Einsatz von starkem Mückenspray hilft.
Nach zwei Tagen Eingewöhnungszeit an die durchgehende Tagestemperatur von 45°C im Schatten in der Hauptstadt Bamako empfingen wir noch zwei holländische Automechaniker, die uns auf den Reisen in die Dörfer begleiteten.
Auch in Holland gibt es Gruppen, die SOLISA unterstützen. Die beiden Spezialisten reparierten so ziemlich alles, was ihnen unter die Finger kam, vom Jeep bis zur Wasserpumpe. Improvisation war oberstes Gebot, denn Ersatzteile sind Mangelware.

 

MaliBamako1803024358800pxZusammen bestiegen wir bei der ersten Projekttour zwei Geländewagen und fuhren nach Koursalé, einem Dorf am Fluss Niger ca 50 km südwestlich von Bamako. Die zweieinhalbstündige Fahrt raus aus der Hauptstadt über verstopfte Straßen und über holprige Buschpisten gab schon einen Vorgeschmack auf die nächsten Ausflüge in weiter entfernte Dörfer. Die Grundsteinlegung einer Gesundheitsstation war der Anlass der Projekttour. Für die Dorfgemeinschaften ist bereits der Projektstart ein großes Ereignis, denn sie wissen dass sich damit endlich die Situation der Bevölkerung verbessern wird. Wir wurden bereits seit Stunden vom ganzen Dorf erwartet und als die beiden Jeeps dann endlich auftauchten, gab es auf dem Dorfplatz einen umwerfenden Empfang mit Trommeln, Gesang, Tänzen, Lachen und zigfachen Umarmungen und Händeschütteln. Die Herzlichkeit und Freude der Menschen beeindruckt und rührt jedes Mal wieder.

Der Rat des Dorfes setzte sich mit uns Europäern und mit SOLISA-Geschäftsführer Bandiogou Niakaté in einer Runde zusammen und dann wurde die Situation des Dorfes geschildert und der Plan erklärt, wie und wann die Gesundheitsstation errichtet wird wie Personal eigesetzt wird und vor allem, wie das Projekt nachhaltig gesichert werden muss. Wie kann man erreichen dass die Menschen die Gesundheitsstation tatsächlich nutzen, was muss passieren, damit Hygienestandards eingehalten werden, Impfkampagnen und Medikamentenverabreichung und Geburten dauerhaft vor Ort stattfinden? Das zeichnet SOLISA-Projekte alle aus; sie sind auf Nachhaltigkeit und dauerhaftem Engagement der Bevölkerung für „Ihr“ Projekt angelegt. Nach der einmaligen Starthilfe zum Bau einer Gesundheitsstation und der Anschubfinanzierung von Hebamme und Apotheker muss die Dorfgemeinschaft selbst dafür sorgen, dass Gebäudepflege und Personal finanziert wird. Dies wird durch SOLISA noch Jahre nach Projektbeginn regelmäßig kontrolliert und begleitet. Diese Fragen sind zwar alle schon lange vorher bei Beantragung von Zuschüssen durch das Entwicklungsministerium erläutert worden, sie werden aber in der Projektphase immer wieder mit der verantwortlichen Dorfgemeinschaft kommuniziert.

MaliKoursala1803034516800pxNach dem „großen Palaver“, der Großen Dorfversammlung wurde dann der Grundstein gelegt. Anders als bei uns wird ein kleines Quadrat aus Ziegeln außerhalb des entstehenden Gebäudes gemauert und auf dem Putz der obersten Lage das Datum eingekratzt. Die Materialien für einen Schulbau oder eine Gesundheitsstation werden vor Ort eingekauft oder wie die Ziegel vor Ort hergestellt.

SOLISA finanziert zu jedem Schul- oder Gesundheitsprojekt auch einen gemeinschaftlichen Kornspeicher für die Verteilung von Getreide an die Bevölkerung in der Trockenzeit in der die Ernährung knapp wird. Zudem gehört zu fast jedem Projekt inzwischen auch der Bau einer Solar-Pumpstation für Trinkwasser. In den letzten Jahren sind besonders die Pumpstationen überlebens-notwendig geworden. Aufgrund der anhaltenden Trockenheit und der jedes Jahr geringeren Regenmengen führt der Fluss Niger, die Hauptschlagader des Landes, immer weniger Wasser und das wenige Flusswasser ist mit Bakterien und Viren verseucht, die schwere Krankheiten auslösen können. Die von den Dorfbewohnern maximal bis 40 m selbst gegrabenen Brunnen trocknen aus. Abhilfe schaffen nur Bohrungen mit mobilen Bohrgerät, die die Gesteinsschichten durchdringen und in etwa 100 – 120 m Tiefe auf Süßwasser-Reservoirs treffen. Mit einer solar angetriebenen Pumpe kann das Wasser gefördert werden. Auch dabei verlangt die malische Nichtregierungsorganisation SOLISA eine verantwortliche Wasserrationierung und -verteilung. Es muss ein Wasserkomitee vom Dorf ernannt werden, das die Pumpe nur zu bestimmten Zeiten öffnet, die Pumpstation kontrolliert und es wird die Wassermenge festgelegt, die jeder Dorfbewohner kostenlos erhält. Darüber hinaus gehende Wassermengen müssen bezahlt werden. So wird gesichert, dass mit dem Wasser verantwortlich und sparsam umgegangen wird. Das deutsche Ministerium für Entwicklungszusammenarbeit fördert die SOLISA Projekte derzeit mit 90 % , 10% an Projektmitteln, die Trägerverantwortung und die Abrechnung der Fördermittel mit dem deutschem Ministerium gewährleistet der Essener Solisa Freundeskreis e.V.

MaliBamakoMion1803064807800pxDie nächste Projekttour führt uns in etwas weiter gelegene Dörfer. Im Dorf Mion, ca 300 km nördlich, ebenfalls am Niger gelegen, hatte SOLISA 2015/2016 mit dem Geld des Vereins aus Essen eine Schule gebaut und 2016/2017 eine Gesundheitsstation, die im Februar 2017 eingeweiht wurde. Wie ein weitgereistes Dorfmitglied, dass endlich nach Hause kommt, wurde vor allem Annette Giesen begrüßt und geherzt und auch sie kannte viele Frauen und Männer noch namentlich und erkundigte sich nach Familie und Gesundheit. Der Zufall wollte es, dass in der Nacht die wir in Mion verbrachten das 65. in der Gesundheitsstation Baby geboren wurde. Aus Freude, Dankbarkeit und zu Ehren von Annette Giesen als Vertreterin des deutschen SOLISA-Vereins, gaben die Eltern dem kleinen Mädchen den Namen „Annette.“
Geschlafen haben wir unter freiem Himmel im Moskitonetz und auf einer Matratze. Der Sternenhimmel ist atemberaubend. Ohne Lichtverschmutzung durch umliegende Städte, ist der gesamte Nachthimmel übersät mit Sternen und die Milchstraße zieht sich als schwaches weißes Band von Horizont zu Horizont.

Traurig und wunderschön zugleich erlebten wir den Sonnenaufgang am nächsten Morgen direkt am Ufer des Niger. Traurig, weil der mächtigste Strom Westafrikas so wenig Wasser führt, dass 100 m zu beiden Ufern trocken liegen, aber auch wunderschön, weil die Stille und die afrikanische Landschaft im Morgenlicht eine bezaubernde Stimmung erzeugen, die man wohl nicht vergisst.

In einer Assemble Générale, einer Dorfversammlung bekamen wir vor der Abreise aus Mion am Mittag ein Bericht über den Erfolg der Gesundheitsstation (1.500 Patienten bereits im ersten Jahr), über die zunehmende Eigenfinanzierung, über die Anzahl von begleiteten Geburten (65) , die Behandlung von Krankheiten, über die Erstversorgung in Notsituationen und über die Zusammenarbeit des jungen Teams aus Krankenschwester/Hebamme und Apotheker. Für den Solisa Freundeskreis Essen e.V. ist es wichtig über den dauerhaften Betrieb ihrer Projekte informiert zu werden, da wir ein große Verantwortung gegenüber den zahlreichen Sponsoren haben. Georg Kosinksi nutzte die Zeit um sich auch über die Schule in Mion zu informieren und durfte sogar den Unterricht in den gut besuchten Klassen filmen.

MaliKodougou1803075142800pxDie dritte Projekttour führte uns nach Kodougou ca. 170 km nordöstlich von Bamako zur der Einweihungsfeier einer Schule – stellvertretend für den Verein Baobab Hitfeld Zur Begrüßung erwarteten uns wilde Tänzer mit Masken, Bast und Speeren oder Stöcken. Etwas grotesk Unheimliches hat es schon, wenn solch ein Speer schwingender „Wilder“ auf einen zuspringt. Zumindest kann man sich vorstellen, wie es wohl den ersten Afrikaforschern zumute gewesen sein muss. Die Schulprojekte mit SOLISA werden Hand in Hand mit dem Ministerium für Erziehung in Mali umgesetzt. Erst wenn diese die Finanzierung und die Entsendung von Lehrern zugesichert ist, startet der Bau eines Schulgebäudes.

Die letzte Station der Reise war die Einweihung eines Gesundheitszentrums in Markadougou Sirakoro, ca. 200 km westlich von Bamako. Mit knappen sieben Stunden Autofahrt durch den Busch war die Anreise schon anstrengend. Die Klimaanlage des Geländewagens war ausgefallen und bei herunter gekurbelten Scheiben, fühlte sich der Fahrtwind an, als hielte man sich einen heißen Föhn vor das Gesicht. Wir kamen erst in der Dunkelheit im Dorf an. Dennoch war das ganze Dorf auf den Beinen und unter Gesang und Tanz wurden wir zum Dorfplatz geführt, wo ein Festmahl auf uns wartete. Reis oder Hirse mit Fisch oder Fleisch hört sich nicht schlecht an, war aber etwas gewöhnungsbedürftig. Der Fisch wird im Ganzen gebraten, also mit Kopf und Flossen und steckt voll von wer weiß wieviel Gräten und das Fleisch besteht zum Teil aus Innereien. Nichts für schwache Mägen. Der offizielle Teil war zum Glück erst für den nächsten Tag vorgesehen und todmüde bauten wir unsere Moskitonetze auf. Für die Leute im Dorf war aber noch lange nicht Schluss. Eine auf staubigem Boden aufgebaute Disco mit ordentlichen Lautsprechern dröhnte abwechselnd europäische Hits und afrikanische Rhythmen bis tief in die Nacht.

Am nächsten Morgen beobachteten wir den Aufbau des Platzes für die Einweihungsfeierlichkeit durch das malische „Öffentlichkeits-Team“. Alle möglichen Sitzgelegenheiten wurden zusammengetragen, Planen an Stöcken aufgehängt als Sonnenschutz, alte Ölfässer dienten als Lautsprecherständer und als Rednerpult. Wir waren fasziniert vom malischen Gegenstück zu Dieter Remys Mannschaft und konnten uns den einen oder anderen augenzwinkernden Vergleich nicht verkneifen…

Der etwas steifere offizielle Teil mit Festreden, wobei neben dem Dorfältesten oder Bürgermeister jede wichtige Person im Dorf eine mehr oder weniger kurze Rede hält, verlangte bei der Hitze Stehvermögen. Auch Annette Giesen, als Vertreterin des europäischen SOLISA-Projektes, hielt eine kurze Begrüßungsansprache in Französisch, der offiziellen Amtssprache, die von einem Dolmetscher in Bambara, der dort vorherrschenden Stammessprache übersetzt wurde. Die anschließende Feier verließen wir am frühen Nachmittag um nach Bamako zurückzukehren.
Obwohl die Einweihungsfeierlichkeiten sich im Grunde ähneln, ist es in jedem Dorf ein neues einzigartiges Erlebnis.